Wie drill ich meine Techniken richtig? - "Deliberate Practice"

Wie drill ich meine Techniken richtig? - "Deliberate Practice"

Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass Drill-Training das A und O eines erfolgreichen Wettkämpfers ist. Doch sind sich gerade Anfänger, die ihren ersten Wettkampf bestreiten oder einfach nur ihr "Game" verbessern wollen, häufig unsicher, wie sie das Drilltraining optimal gestalten sollten.

Deswegen bekommt ihr jetzt eine Anleitung von A bis Z!

Vorab müssen wir uns jedoch etwas tiefer mit der Materie befassen, um zu verstehen, warum diese Art von Training so effektiv ist und vor allem warum sie für Stresssituationen absolut notwendig ist.

 

Muskelgedächtnis:

Haben wir ein Bewegungsmuster ersteinmal richtig erlernt, verlernen wir es nicht wieder. Das hängt damit zusammen, dass unsere Faszien, durchzogen von unserem neuronalen Netz, wie Schläuche um unsere Muskeln gelegt sind. Die neuronalen Verbindungen sind geschaffen und bleiben intakt. Doch was heißt richtig erlernt? Was ist notwendig, damit eine Bewegung nicht mehr bewusst sondern unterbewusst von uns ausgeführt werden kann?

 

"Deliberate Practice":

Ins Deutsche übersetzt "das bewusste Üben" trägt dazu bei, die benötigten neuronalen Verknüpfungen zu schaffen, welche nötig sind, um eine Bewegung wiederholt gleich auszuführen. Wichtig dabei ist die wiederholte perfekte Ausführung. Um eine Bewegung zu erlernen und später im Kontext richtig anwenden zu können, ist es dabei notwendig, alle 7 koordinativen Fähigkeiten miteinzubeziehen. Ist ein Bewegungsmuster nicht oft genug und nicht im Kontext geübt worden, ist dieses später unter Stress (z.B. Wettkampf, Sparring, Rollen) nicht richtig abrufbar.

 

Motorik unter Stress:

Eure Herzfrequenz wird nicht nur durch körperliche Aktivität erhöht, sondern auch durch Stressfaktoren. Das eine kann das andere jedoch verstärken.

Hier kann man in 5 stressinduzierte Pulsbereiche unterscheiden, welche jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf eure Motorik, allgemeine physische Leistungsfähigkeit und kognitive Leistungsfähigkeit haben.

 

Weißer Bereich (60-80 Schläge/Minute):

- normale Ruheherzfrequenz

- keine erhöhte Aufmerksamkeit

 

Gelber Bereich (60-80 Schläge/Minute)

- wie der weiße Bereich

- aber erhöhte Aufmerksamkeit --> schnellere Reaktionszeit

 

Roter Bereich (115-145 Schläge/Minute)

optimale Kampfperformance für:

- Komplexe motorische Fähigkeiten

- Visuelle Reaktionszeit

- Kognitive Reaktionszeit

- über 145 Schlägen/Minute verschlechtert sich die komplexe Motorik!

 

Schwarzer Bereich (>175 Schläge/Minute)

- Kognitive Wahrnehmung verschlechtert sich

- Vasekontriktion (Gefäßverengung)

- Tunnelblick

- Audioexklusion (Rufe vom Trainer werden nicht mehr gehört)

- irrationaler Kampf- oder Fluchtinstinkt

- Starre

- unterwürfiges/aufgebendes Verhalten

- Grobmotorik funktioniert auf dem höchsten Niveau!

 

Grauer Bereich (145-175 Schläge/Minute)

Performance kann aufrecht erhalten werden wie im roten Bereich, wenn:

- die Technik beherrscht wird

- der Kontext trainiert wurde

 

Fazit:

Da der stressinduzierte Puls und der Belastungspuls sich gegenseitig verstärken, werden wir uns als Kampfsportler im Kampf irgendwo zwischen dem roten und dem schwarzen Bereich befinden.

Die meiste Zeit des Kampfes, vor allem im späteren Verlauf ist meist im anaeroben Bereich und das Stresslevel steigt. Es ist davon auszugehen, dass man früher oder später vom roten Bereich in den grauen und dann schwarzen Bereich kommt.

In der Vorbereitung ist durch Konditionstraining unbedingt zu vermeiden, dass man im Kampf in den schwarzen Bereich kommt.

Da aber davon auszugehen ist, dass wir uns eine gute Zeit des Kampfes im grauen Bereich befinden werden, ist es wichtig und notwendig unsere wichtigsten Techniken, angepasst an unser "Game", zu drillen.

 

1. Stärken erkennen und "Game-Plan" entwickeln:

Bevor ihr mit den eigentlichen Drill-Übungen anfangt, ist es wichtig dass ihr oder euer Trainer eure Stärken erkannt hat und ihr auf dieser Basis euch einen Plan zurecht legt, wie ihr kämpfen wollt - eine Strategie. Brecht diesen Plan in mehrere Phasen runter und sucht euch für jede der Phasen 2-3 Techniken raus.

 

2. Techniken in Teilbewegungen runterbrechen:

Fangt mit den Techniken der ersten Phase an. Übt ersteinmal stressfrei alleine die nötigen Teilbewegungen. Diese könnt ihr auch super als Aufwärmübungen nutzen. Geht erst zum nächsten Schritt über, sobald ihr die Teilbewegungen beherrscht.

 

3. Teilbewegungen zu einer Bewegung zusammenführen:

Nachdem ihr die Teilbewegungen behrrscht könnt ihr diese, weiterhin in einer stressfreien Umgebung, zusammenführen und so das gesamte Bewegungsmuster trainieren.

 

4. Vom Solodrill zum Partnerdrill:

Schlussendlich ist es nun wichtig die Technik mit steigender Gegenwehr und kontextgebunden zu trainieren. Am besten ist hierfür ein Partner, welcher Stück für Stück seine Gegenwehr steigert und euch in verschiedene Situationen bringt, von welchen aus ihr eurem Gegner euer "Game aufzwingen wollt."

 

Wiederholt Schritt 1-4 für jede einzelne Phase eures "Game-Plans" und wiederholt dabei das bereits Erlernte und baut darauf auf!

 

Ihr könnt euch bei dem Partnerdrill auch abwechseln, um somit direkt die Schwäche mitzutrainieren und euer Technikreportoire zu erweitern.

 

Let´s Drill!

Zurück zum Blog